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Wie wird Herzebrock-Clarholz attraktiv für Hausärzte?

Die UWG hatte ein Ärztehaus für Herzebrock-Clarholz gefordert. Im Rahmen des Hausärztemangel prüft die Verwaltung auch diese Möglichkeit.

Herzebrock-Clarholz (rast). „Sie können heute nicht ernsthaft beschließen, ein Ärztehaus zu bauen.“ Mit dieser Äußerung im Ausschuss für Schule, Sport, Kultur, Familie, Soziales und Ordnung zog Fachbereichsleiter Wilhelm Towara den Antrag der UWG (diese Zeitung berichtete) in Zweifel. Nachdem die Ausschussvorsitzende Petra Lakebrink den Beschluss zur Maßnahme gegen den Hausärztemangel umformuliert hatte, gab es am Mittwochabend dennoch eine einstimmige Entscheidung. 

Die Gemeindeverwaltung soll nun prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, Hausärzte dafür zu begeistern, sich in Herzebrock-Clarholz niederzulassen. „Beim Ausloten kann auch herauskommen, dass ein Ärztehaus sinnvoll ist“, sagte Wilhelm Towara. Denn eins steht fest: Nicht nur durch die Schließung der Praxis von Anke Steidl und Michael Pfeiffer ist es um die Zukunft der Gesundheitsversorgung in der Doppelgemeinde nicht zum Besten bestellt. 

Anspruch auf Förderung durch die Kassenärztliche Vereinigung 

Das sieht auch Uwe Borchers, Geschäftsführer von ZIG OWL, dem Verein zur Förderung von Innovationen in der Gesundheitswirtschaft mit Sitz in Bielefeld, in seinem Vortrag so. Außerdem hat die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) einen Bedarf erkannt. „Die KVWL teilt Ihre Sorgen, eine Unterstützung ist geplant“, berichtete Uwe Borchers und verwies auf die Sitzung vom 18. Januar, in der die Interessenvertretung der Ärzte Herzebrock-Clarholz in das Förderverzeichnis aufgenommen hat. 

Der Grund für die Aufnahme in das Förderverzeichnis ist zunächst einmal nicht die Anzahl der Hausärzte, sondern der Altersschnitt. Unterschieden wird nach U60 und Ü60. Für den sogenannten Mittelbereich Rheda-Wiedenbrück, wozu auch Herzebrock-Clarholz gehört, sind 37 Prozent über 60 Jahre alt, für Gütersloh sind 47 Prozent angegeben. Der Durchschnitt in den fünf Planungsgebieten liegt bei 40 Prozent. Negativ-Spitzenreiter ist Rietberg. Dort sind 59 Prozent der Hausärzte älter als 60 Jahre. 

„Gesundheitszentrum ist für eine Kommune eine schwierige Aufgabe“

Um Anreize zu schaffen, dass Ärzte sich niederlassen, bietet die KVWL eine Bandbreite an Unterstützungsmöglichkeiten. Die reichen von einem günstigen Darlehen für die Ärzte bis zu einer Umsatzgarantie für die Praxisbetreiber. Hinzu kommen, wie berichtet, die Förderungen durch die Gemeinde. Grundsätzlich wertete es Uwe Borchers als positiv, dass die Kommune das anbiete und sich zudem frühzeitig dem Thema Hausärztemangel angenommen habe, bevor das Kind in den Brunnen gefallen sei.

Aus Sicht von Uwe Borchers könne ein Gesundheitszentrum einen Standort durchaus attraktiv machen – auch für Fachärzte. Aber: Obwohl bei immer mehr Ärzten die Tendenz dahin geht, lieber angestellt zu arbeiten, warnte er davor, dass die Gemeinde als Betreiber eines Ärztehauses auftritt. „Für Kommunen ist das eine schwierige Aufgabe.“ Die UWG hatte ein von der Gemeinde betriebenes Ärztehaus am Beispiel von Büsum ins Spiel gebracht. Uwe Borchers erklärte, dass das Konzept zusammen mit der schleswig-holsteinischen Ärztegenossenschaft entwickelt worden sei.

Manchmal sind Kleinigkeiten entscheidend

Die spannende Frage, die sich nun stellt: Was kann die Gemeinde unternehmen, damit Herzebrock-Clarholz als Standort für Hausärzte interessant wird? „Geld und Steine sind für Hausärzte nicht alles“, erklärte Uwe Borchers dem Ausschuss. Das Gesamtpaket müsse für einen Hausarzt passen. Und manchmal seien es nur Kleinigkeiten, die den Ausschlag für eine Niederlassung gäben. 

Als Beispiel nannte der Fachmann die vor einer Praxis vorhandenen Parkplätze. Auch weiche Standortfaktoren wie Kindergärten, Schulen oder die Aufenthaltsqualität im Ort seien wichtig. Es gebe auch Kommunen, die würden Stipendien statt Geld für die Praxiseinrichtung anbieten, um angehende Ärzte so an den Ort zu binden. Klar sei aber, dass angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung eine Versorgung durch Hausärzte immer wichtiger werde. Und nicht nur durch die. Uwe Borchers drängte darauf, das Thema viel weiter zu fassen. Pflegekräfte brauche es ebenso wie eine Gemeindeschwester. Die sei wichtig, um gegebenenfalls mehrere Ärzte bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Unter anderem durch die Übernahme von Hausbesuchen, da ältere Menschen nicht mehr so gut zum Arzt kämen. 

Ein Gesamtpaket muss geschnürt werden

Man solle das sogar bis zum Einkaufsdienst denken, regte der ZIG-Geschäftsführer an. Oder eines Fahrdienstes für ältere Menschen. Für die Verwaltung ist also ein großes Aufgabenpaket geschnürt. Dabei könne die Gemeinde auch Netzwerke im Ort schaffen. Also zwischen Pflegenden und Ärzten. Denkbar sei auch, dass die Verwaltung dafür sorge, die Ärzte oder auch Pflegedienste bei der Organisation der alltäglichen Bürokratie zu unterstützen. Es zeichne sich auch immer mehr ab, dass Ärzte sich lieber gemeinschaftlich organisieren, statt als Einzelkämpfer aufzutreten. 

Dafür müsse ein Gesamtpaket geschnürt werden. Bei allem, was eine Gemeinde unternimmt, sei aber eine Sache klar. „Es gelingt nur etwas, wenn sich Ärzte und Kommunen im Vorfeld zusammensetzen“, erklärte Uwe Borchers. Was die Verwaltung in Herzebrock-Clarholz wohl bereits getan hat, wie Wilhelm Towara im Ausschuss berichtete. Die Hausärzte hätten laut des Fachbereichsleiters bereits signalisiert, neue Wege zu gehen. In Richtung mehr Zusammenarbeit wie zum Beispiel einer gemeinsamen Buchführung. Und vielleicht auch Richtung eines Ärztehauses, in dem dann auch ein Pflegedienst und eine Gemeindeschwester untergebracht sein könnten.

Quelle: Die Glocke