Heute hat der Wissenschaftsrat gemeinsam mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen Isabel Pfeiffer-Poensgen die Ergebnisse der Begutachtung der Universitätsmedizin NRW vorgestellt. Dies beinhaltet auch einen Bewertungsbericht zum Aufbau der Medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld.
„Der Wissenschaftsrat hat uns insgesamt ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt und ist mit dem vorgelegten Konzept für die Medizinische Fakultät grundsätzlich einverstanden“, zeigte sich Professor Dr.- Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, sehr zufrieden mit dem Bericht. „Dass diese hochrangige Gutachter*innengruppe sich so positiv äußert und unseren Weg grundsätzlich bestätigt, bedeutet Rückenwind für die weiteren Planungen. Ich bedanke mich bei allen, die an diesem überzeugenden Konzept mitgewirkt haben.“
Gründungsdekanin Professorin Dr. Claudia Hornberg ergänzt: „Die Hinweise der Gutachterinnen und Gutachter sind hochwillkommen und sehr hilfreich für die weitere Konkretisierung unseres innovativen Konzeptes. Sie geben uns Sicherheit und Orientierung. Gegenüber dem Stand unseres Selbstberichts, den der Wissenschaftsrat im September letzten Jahres erhalten hat, sind wir mittlerweile schon einige Schritte weiter – ohne dass sich hier Widersprüche zu den Empfehlungen ergeben hätten: Wir sind auf einem sehr guten Weg.“
„Der Universität Bielefeld ist es gelungen, innerhalb kurzer Zeit ein Konzept für eine Universitätsmedizin in Ostwestfalen-Lippe zu erstellen und weiterzuentwickeln, das vom Wissenschaftsrat grundsätzlich positiv eingeschätzt wird. Wir teilen diese Auffassung und sind allen Beteiligten für das bisher gezeigte große Engagement sehr dankbar. Die jetzt vorliegenden Empfehlungen werden helfen, das bisherige Konzept noch zu verbessern und einen in Forschung, Lehre und Krankenversorgung leistungsfähigen Medizinstandort aufzubauen“, sagte Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärt: „Die grundsätzlich positive Bewertung des Bielefelder Konzeptes zeigt, dass wir mit der Medizinischen Fakultät OWL auf dem richtigen Weg sind. Die Landesregierung und die Universität Bielefeld ziehen bei der Umsetzung an einem Strang. Nicht zuletzt aufgrund des großen Engagements der Verantwortlichen vor Ort sind wir überzeugt, dass die ersten Studierenden in einem qualitativ hochwertigen Studiengang zum Wintersemester 2021/22 beginnen können. Das ist ambitioniert, aber wie dringend wir gute Medizinerinnen und Mediziner in den ländlichen Regionen brauchen, wird bereits heute deutlich – vor allem bei den Hausärztinnen und Hausärzten. Ich bin überzeugt, dass wir mit der Medizinischen Fakultät OWL viele gute und engagierte Medizinerinnen und Mediziner dazugewinnen werden, die hoffentlich in der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen tätig werden.“
Hintergrund
Mit der Beauftragung der Landesregierung, die Universitätsmedizin in NRW vom Wissenschaftsrat begutachten zu lassen, wurde entschieden, dass auch Standorte, die derzeit noch im Aufbau sind, von der Begutachtung umfasst werden. Das Bielefelder Konzept wurde daher zu einem sehr frühen Zeitpunkt (etwa ein Jahr nach der Entscheidung durch den Koalitionsvertrag) bereits in die Begutachtung aufgenommen.
Am 24. September 2018 hat die Universität Bielefeld dem Wissenschaftsrat einen 100 Seiten umfassenden Selbstbericht vorgelegt. In diesem hat die Universität insbesondere ihre Visionen und konzeptionellen Vorstellungen für die neue Fakultät, das Forschungs- und Lehrprofil, das Kooperationsmodell mit Krankenhäusern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, das Studiengangsmodell, die Konzepte für Nachwuchsförderung und Gleichstellung sowie Planungen für die Infrastruktur – inklusive notwendiger Baumaßnahmen – beschrieben. Am 3. und 4. Dezember 2018 war das Gutachter*innengremium in Bielefeld zu Gast und diskutierte mit der Universität, den Verantwortlichen des Landes und Krankenhäusern die Ideen und Ansätze. Eine Reihe von nachfolgenden Fragen hat die Universität schriftlich im Januar 2019 beantwortet; im Juli 2019 hat die Universität das Gremium über konzeptionelle Weiterentwicklungen seit der Vor-Ort-Begehung informiert. Auf dieser Grundlage kamen die Expert*innen des Wissenschaftsrats zu der vorliegenden Bewertung.
Der Bericht des Wissenschaftsrats gliedert sich in zwei Teile: im ersten Teil beschreibt er die Ausgangslage zur Universitätsmedizin der Universität Bielefeld, im zweiten legt er die Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Konzepts dar.
Aufgrund des frühen Zeitpunktes der Begutachtung sieht der Wissenschaftsrat sich nicht in der Lage, zu allen Aspekten eine bewertende Stellungnahme abzugeben. Die wichtigsten Ergebnisse:
Studium: Eine zentrale Empfehlung der Bewertungsgruppe ist eine Korrektur des Zeitplans für den Beginn des Studienbetriebs. Er ist für Wintersemester 2021/2022 vorgesehen. Der Universität wird empfohlen, den Starttermin auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und von der Planung Abstand zu nehmen, mit Studienanfängerinnen und -anfängern im ersten Semester und gleichzeitig mit Hochschulwechslerinnen und -wechslern im fünften Semester zu beginnen.
Dazu Rektor Sagerer: „Die Hinweise des Wissenschaftsrats nehmen wir ernst. Unser Zeitplan ist sicher sehr ambitioniert. Er beruht auf einer engen Abstimmung mit der Landesregierung, die uns in der Umsetzung des Zeitplans unterstützt.“ Die Gründungsdekanin Hornberg schätzt ein: „Aufgrund der Fortschritte seit der Begutachtung sind wir zuversichtlich, dass wir alle notwendigen Meilensteine rechtzeitig erreichen und den Studierenden zum Wintersemester 2021/2022 ein vollwertiges Studium im 1. und 5. Semester bieten werden.“
Forschungsprofil: Der Wissenschaftsrat bescheinigt der Universität Bielefeld, dass sie mit den beiden geplanten Forschungsschwerpunkten („Gehirn – Beeinträchtigung – Teilhabe“ und „Intelligente Systeme – Assistenz – Interprofessionelle Vernetzung“) sowie den Perspektivfeldern („Mikrobielle Diversität im Lebensraum Mensch“ und „Data Science für die medizinische Versorgung“) zukunftsfähige Forschungsbereiche ausgewählt hat. Sie würden sich sehr gut in das Forschungsprofil der Universität Bielefeld einpassen. Das Forschungskonzept habe das Potenzial, Alleinstellungsmerkmale herauszubilden. Die Erforschung chronischer Krankheiten und damit assoziierter Beeinträchtigungen wird als gesellschaftlich höchst relevant begrüßt. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, dass beim Forschungsprofil die konkreten Bezüge zur Allgemeinmedizin noch deutlicher herausgearbeitet werden sollten.
Lehre: Die Bewertungsgruppe würdigt den Anspruch, innovative Lehre mit kompetitiver Forschung zu verbinden und zugleich die regionale ärztliche Versorgung zu verbessern. Die geplante Ausrichtung des Curriculums entlang der Grundsätze von Kompetenzorientierung und Wissenschaftlichkeit wird begrüßt. Sie würdigt zudem die Absicht zur organzentrierten und Körperregion orientierten Gliederung des zweiten Studienabschnitts und die Möglichkeiten zur Profilbildung während des Studiums. Positiv hervorgehoben wird darüber hinaus das Bestreben, die Interprofessionalität in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten zu stärken.
Wissenschaftlicher Nachwuchs: Die Bewertungsgruppe befürwortet ausdrücklich, dass die Qualifizierung und Förderung des wissenschaftlichen und klinischen Nachwuchses kooperationsvertraglich erklärtes Ziel der Universität Bielefeld und der Klinikträger ist. Die vorgesehenen Möglichkeiten, einen ärztlich-wissenschaftlichen Karriereweg mittels des Clinician Scientist-Programms oder des Promotionsprogramms zum Ph.D. einzuschlagen, werden positiv herausgestellt. Die Gutachter*innen empfehlen, um den Zugang des allgemeinmedizinischen Nachwuchses zu gewährleisten, die Programme neben den angestellten Ärztinnen und Ärzten der Universitätskliniken auch für die in Praxen tätigen Ärztinnen und Ärzten zu öffnen.
Universitätsklinikum OWL: Sehr umfangreich geht die Bewertungsgruppe auf die Kooperation mit den Krankenhäusern bzw. den Kliniken im Rahmen des Universitätsklinikums OWL ein. Sie stellt dabei die große Bedeutung von Regelungen zu Qualitätsstandards in Forschung und Lehre zwischen Fakultät und Krankenhausträgern heraus, die universitätsseitig festgelegt werden sollten. Sie geben zudem Hinweise, dass der/die Dekan*in der Medizinischen Fakultät in die Geschäftsführung der Krankenhäuser eingebunden sein sollte, so dass Belange von Forschung und Lehre durchgesetzt werden können. Die Bewertungsgruppe legt der Universität nahe, sich bei der Anzahl der Kliniken des „Universitätsklinikums OWL der Universität Bielefeld“ auf höchstens drei Häuser zu beschränken, um die Steuerungsfähigkeit innerhalb des Klinikverbundes zu erhalten. Weitere Empfehlungen betreffen die Governance des Universitätsklinikums OWL, die Berufung von klinischen Professor*innen und die Definition hinsichtlich des Verhältnisses von Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Vorgesehene Steuerungsinstrumente, wie die Mitwirkung der Träger an einem gemeinsamen Struktur- und Entwicklungsplan für die Bielefelder Universitätsmedizin, werden durch die Bewertungsgruppe begrüßt.
Bauliche Entwicklung und IT-Infrastruktur: Die Entwicklung der notwendigen baulichen Infrastruktur ist nach Einschätzung der Bewertungsgruppe von höchster Relevanz. Die Bewertungsgruppe betrachtet die Umsetzung in Anbetracht des Gesamtzeitplans als zeitkritisch. Sie unterstreicht die Bedeutung eines gemeinsam getragenen IT-Gesamtkonzepts, einschließlich der im Kooperationsvertrag vereinbarten technischen Kooperationsplattform, sieht sich angesichts des noch frühen Status der Planungen aber nicht in der Lage, eine fundierte Einschätzung abzugeben.
Gleichstellung: Die Gutachter*innen stellen die universitätsweite Gleichstellungsstrategie positiv heraus, entlang der die Personalrekrutierung für die Medizinische Fakultät ausgerichtet ist. Die Bewertungsgruppe begrüßt in diesem Zusammenhang das angestrebte Ziel der Erhöhung des Frauenanteils unter den nicht-klinischen Professuren. Ebenso wird begrüßt, dass über die Definition von Zielvereinbarungen im Rahmen der Kooperationsgespräche eine Erhöhung des Frauenanteils auch unter den klinischen Professuren angestrebt wird.
Translation und Transfer: Die Bewertungsgruppe nimmt den umfassenden Begriff von translationaler Medizinforschung – also die schnelle und effiziente Umsetzung präklinischer Forschungsergebnisse in die klinische Entwicklung und Krankenversorgung – positiv zur Kenntnis. Sie begrüßt die Planung von Forschungsflächen für Translationprojekte im Bauprogramm der Medizinischen Fakultät im Rahmen des zu gründenden Bielefeld Center for Translational Medicine.
Quelle: 191028_PM_Universitaet_Bielefeld
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