Ob als Instrument der Diagnoseunterstützung, bei der Datenanalyse und Vorhersage, im Rahmen der Präzisionsmedizin oder auch der roboterassistierten Chirurgie: KI-Lösungen haben sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen der Versorgung und Prävention fest etabliert. Aus Sicht von Moderator Gerhard Hallenberger, Mitglied des Mitveranstalters Der Soziale Zirkel e.V., eine positive Entwicklung, umso mehr angesichts der kritischen Situation im Gesundheitssektor: „Ohne einen umfassenden Einsatz von KI auch in der Fläche werden wir das Gesundheitswesen in der gewohnten Qualität zukünftig nicht mehr vorhalten können.“ Eine Einschätzung, die sich mit Zahlen belegen lässt. Erstmals werden 2024 die Gesundheitskosten die Marke von 100 Milliarden Euro übersteigen. Hinzu kommt eine stetig steigende Zahl an pflegebedürftigen Personen, die mit dem verfügbaren Personal derzeit nur unzureichend betreut werden können. Eine Situation, in der KI nach Ansicht von Gerhard Hallenberger trotz der zu befürchtenden sozialen Verwerfungen in vielen Anwendungsbereichen wertvolle Dienste leisten kann, beispielsweise bei der Wechselwirkungskontrolle von Medikamenten, auch in Verbindung mit verwendeten Lebensmitteln. „Die Verwendung von KI in diesem Themenfeld hätte in der Vergangenheit schon Tausenden das Leben retten können. Umso wichtiger ist es, dass wir die sich bietenden Möglichkeiten jetzt nutzen und auch kontinuierlich weiter optimieren.“
„Die Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten.“
Doch so hilfreich die Technologie auch sein mag: um ihr volles Potenzial zu entfalten, muss sie zielführend und nutzerorientiert eingesetzt werden. Doch fehlt vielerorts das Wissen und Know-how, um diesen Aspekt der digitalen Transformation zu bewältigen – und manchmal auch die Bereitschaft, sich mit dem ausgesprochen komplexen Thema auseinanderzusetzen, weiß Thomas Pfänder, Vorstand der Unity AG: „Tatsächlich hofft der ein oder andere immer noch, dass der Kelch an ihm vorbei geht. Dies ist aber ein Trugschluss. Die Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten und das ist auch gut so.“ Insbesondere die generative KI, bei der über die Nutzung bestehenden Datenmaterials neue, personenbezogene Inhalte erstellt werden können, böte enorme Chancen für die Gesundheitsbranche. Dabei seien die tatsächlichen Potenziale derzeit noch gar nicht einschätzbar: „So wie vor Millionen Jahren bei der so genannten Kambischen Explosion, die den plötzlichen Anstieg der Artenvielfalt markierte, erleben wir aktuell eine Explosion der Informationstechnologie, die uns in einer deutlich kürzeren Zeitspanne ebenfalls völlig neue Horizonte eröffnet. Es liegt an uns, diese Möglichkeiten zu erkennen und auch zu nutzen.“
KI verbessert die Prozesse
Wie dies gelingen kann, zeigte Thomas Pfänder den Teilnehmenden unter anderem am Beispiel der Digitalen Gesundheitsplattform OWL, dem erfolgreichem Projekt mit Zusammenschluss von fünf Akutkrankenhäusern und mehr als 150 niedergelassenen Ärzten aus der Region, die über eine digitale IHE-Plattform miteinander verbunden sind. Hier funktioniert das gemeinsame Datenmanagement so gut, dass in diesem Jahr weitere Organisationen an die Plattform andocken, beispielsweise der Rettungsdienst Paderborn. Aber auch beim einzelnen Leistungserbringer entfalten KI-Lösungen mittlerweile immer öfter ihren vollen Nutzen. In der Münchener Herzklink beispielsweise unterstützt ein KI-Tool das OP-Team bei der Vorbereitung und Planung von Operationen und sorgt selbst bei kurzfristigen, unvorhersehbaren Störrungen für reibungslose Tagesabläufe. Fortschritte, die sich unmittelbar in Zahlen ausdrücken: 30% höhere Planungsgenauigkeit, 15% Steigerung der OP-Effizienz, 23% weniger Überstunden und 85% weniger Planungsaufwand zeigen, wie groß der Nutzen von KI-Lösungen gerade im klinischen Bereich sein kann. Thomas Pfänder: „KI bietet gerade im Gesundheitswesen enorme Möglichkeiten. Um dieses Spektrum vollumfänglich zu nutzen, müssen wir als User technologieoffen sein und uns aktiv mit dem Thema auseinandersetzen. Ansonsten verpassen wir eine einmalige Chance.“