Schon 1.600 Patientinnen und Patienten haben sich auf der digitalen Gesundheitsplattform OWL (DGP OWL) registrieren lassen, die deutschlandweit Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Aus Paderborn kommt etwas, was es in Deutschland bislang noch nicht gibt“, sagt Dr. Ulli Polenz, Chef des Praxisnetzes sichtlich stolz. Das Interesse an dem Projekt sei groß. Der Realbetrieb laufe bereits seit Juni auf Hochtouren. Etliche Arztpraxen aus der Region sowie heimische Krankenhäuser sind beteiligt. Wöchentlich kommen zu den 1600 Patientinnen und Patienten rund 150 neue aus dem Kreis Paderborn dazu.
''TÜV geprüfter Datenschutz''
Während das Bundesgesundheitsministerium die Idee einer digitalen Krankenakte verfolgt, ist die DGP OWL die Antwort auf all diejenigen Kritiker, die Sorge um die Sicherheit ihrer Daten haben, betont Dr. Polenz. Die Informationen liegen demnach auf drei unterschiedlichen Servern in Deutschland und den Niederlanden, die der höchsten Sicherheitsstufe entsprechen. Das System habe selbst Hackerangriffen durch beauftragte Firmen standgehalten. Der Datenschutz wurde darüber hinaus durch den TÜV geprüft und mit dem Siegel „TÜV geprüfter Datenschutz“ ausgezeichnet. Sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Ärztinnen und Ärzte ist die Teilnahme an der Gesundheitsplattform völlig freiwillig. Der Sinn bestehe aber natürlich darin, dass möglichst viele sich beteiligen, macht der Geschäftsführer der Gesundheitsplattform OWL GmbH, Nils Brinkmeyer, deutlich.
Internationale Datenstandards
„Die Digitale Gesundheitsplattform OWL setzt auf internationale Datenstandards (IHE) und beflügelt somit die interoperable Datenverarbeitung sowohl innerhalb der angeschlossenen Krankenhäuser als auch in der Kommunikation mit den niedergelassenen Ärzten und weiteren Akteuren im Gesundheitswesen“, betont Dr. Tobias von Bargen, Senior Manager bei der UNITY AG. Ob komplette Krankengeschichte, Röntgenbilder, Medikamentenpläne, Überweisungen zum Facharzt, Einweisungen in das Krankenhaus, Entlassbriefe, Patientenverfügungen oder auch simple Informationen zur Blutgruppe oder zu Unverträglichkeiten: Für all diese Informationen gibt es jetzt einen digitalen Ablageort.
Selbst entscheiden, welche Daten einsehbar sind
Wer nun befürchte, als Patient/in dadurch komplett gläsern zu werden, der irre sich, erklärt Brinkmeyer. Denn der Patient/die Patientin kann selbst entscheiden, welche Informationen für wen einsehbar sind. Dies geschieht zum einen über die sogenannte Patientenplattform, auf der Patient/innen über das Internet die Daten selbst kontrollieren und verwalten können. Sie betreiben also selbst das Berechtigungs-Management. Darüber hinaus müssen die Patient/innen bei jedem teilnehmenden Arzt/Ärztin oder Krankenhaus ihre persönliche Einverständniserklärung abgeben, und hierbei weitere Leistungserbringer zum Zugriff auf die Daten berechtigen.
Vorteile für Patientinnen und Patienten
Dr. Polenz sieht viele Vorteile in der DGP OWL. Patient/innen profitieren, weil sienicht mehr mit ihren Papierunterlagen zwischen den Ärzt/innen hin- und hergeschickt werde. Und die behandelnden Ärzt/innen profitierten, weil sie sich nicht auf die Suche nach alten Befunden von Kolleg/innen begeben müssten. Dadurch gehe in Arztpraxen derzeit viel Arbeitszeit verloren, berichtet Dr. Ulli Polenz aus eigener Erfahrung. Nicht zuletzt profitieren Patient/innen auch dadurch, dass ihnenim Notfall viel schneller geholfen werden könne. Hat jemand für einen solchen Fall dem Rettungsdienst zuvor seine Einverständnis gegeben, so kann sich die Besatzung des Rettungswagens schon auf der Anfahrt zum Patienten/zur Patientin auf der DGP über Vorerkrankungen oder die benötigte Blutgruppe erkundigen. Gleichzeitig habe der Patient/die Patientin aber auch die Möglichkeit, bestimmte Informationen zu sperren.
DGP OWL bald auch in anderen Kreisen?
Bei Ärztekongressen sei das Projekt ebenso vorgestellt worden, wie auch bei den Städten Bielefeld und Gütersloh. Gerade die beiden Nachbarn hätten großes Interesse gezeigt, auf die DGP OWL aufgeschaltet zu werden, berichtet Dr. Polenz. Käme es zur Kooperation, wäre dies ein weiterer Meilenstein, denn Patient/innen bewegen sich ja nicht nur innerhalb eines Kreises, sondern auch darüber hinaus.
Quelle: Westfalen-Blatt – Großes Interesse an der digitalen Krankenakte