Beim 21. OWL Forum Gesundheitswirtschaft standen aktuelle Ideen und Konzepte zur Reform der Gesundheitsversorgung im Mittelpunkt der Diskussion. Auch die Ergebnisse der Bielefelder Bürgerbefragung zur Pflege der Zukunft wurden vorgestellt.
Die Gestaltung der Pflege gehört zu den größten gesellschaftlichen Aufgaben der kommenden Jahre. Die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen steigt, gleichzeitig nimmt auch der Mangel an Pflegefachkräften zu. Diese Entwicklung macht Experten schon länger Sorgen. Aber was sagen die Bürgerinnen und Bürger zur Pflege der Zukunft? 1.500 Bielefelder Bürgerinnen und Bürger haben sich in den letzten Wochen an der Umfrage „Zukunftsbild Pflege“ beteiligt. Die Ergebnisse wurden nun von den Initiatoren vorgestellt. Dabei wurden zahlreiche Ideen und Vorschläge eingebracht, wie die Pflege der Zukunft auch praktisch aussehen sollte. Prof. Dr. Ingo Ballschmieter, wissenschaftlicher Leiter von Open Innovation City, zeigte sich beeindruckt: „Die Resonanz, vor allem aber das hohe Engagement der Teilnehmer, die viele kreative und lösungsorientierte Vorschläge gemacht haben, zeigt, wie hoch die Bereitschaft der Stadtgesellschaft ist, das Thema Pflege vor Ort aktiv mitzugestalten und voranzubringen. Dieses Potenzial werden wir nutzen und in Kürze zum direkten Austausch einladen.“ Nach der Befragung sollen Bürgerdialoge in den Bielefelder Stadtteilen folgen. Die ersten Veranstaltungen sollen im ersten Quartal 2023 starten.
Gute Pflege noch besser sichtbar machen, Gesundheitskompetenz der Menschen stärken
Dr. Charlotte Sahin, Projektleiterin beim ZIG OWL, präsentierte die Einzelergebnisse der Umfrage. Viele Resultate decken sich mit anderen Forschungsergebnissen, die Befunde der Bürgerbefragung verdeutlichen vor allem den Handlungsbedarf für die Stadt Bielefeld. So ist der Großteil der Befragten offensichtlich zufrieden mit dem Pflegeangebot. Das Problem: Für fast die Hälfte der Befragten sind die vorhandenen Angebote zur Pflege und zur Gesundheitsförderung nicht bekannt. „Hier müssen wir dringend daran arbeiten, deren Sichtbarkeit zu verbessern. Gerade im digitalen Bereich haben wir schon einige gute Lösungen entwickelt, von denen aber offensichtlich noch zu wenige Menschen wissen“, vermutet Ingo Nürnberger, Dezernent für Soziales und Integration und Erster Beigeordneter der Stadt Bielefeld. Dabei sind laut Befragung die Menschen der Stadt auch neuen Technologien gegenüber sehr offen. Fast drei Viertel der Befragten finden es gut, wenn dank digitaler Anwendungen pflegende Personen mehr Zeit für die Betreuung haben. Fast die Hälfte der Befragten schätzt die Möglichkeit, durch digitale Medien den Kontakt zu Angehörigen aufrecht zu erhalten. Ungeachtet dessen sind sich die Befragten in einem Punkt fast durchgängig einig: Technik kann die Pflegekraft nur unterstützen und ergänzen, nicht aber verdrängen (83%). Knapp 40% der Befragten legt großen Wert auf gut ausgebildete und mit ausreichenden Zeitkapazitäten versehene Pflegekräfte, eine Forderung, die einher geht mit dem Wunsch nach Selbstbestimmtheit (66%) und einem möglichst langen Aufenthalt in der eigenen Häuslichkeit (32%). Auch in diesem Punkt liefern die Antworten der Befragten wichtige Impulse. So sind für viele innovative Wohnangebote wie Mehrfamilienhäuser oder Pflege-WGs, ergänzt durch zentral gelegene und niederschwellige Informations- und Beratungsstellen, durchaus mögliche Zukunftsszenarien. „Solche Modelle funktioniert aber nur, wenn Wohnsituation, das soziale Miteinander und die professionelle Pflege gut aufeinander abgestimmt sind und wir mit unseren Pflegeangeboten direkt in die Quartiere gehen“, erläutert Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong, Vorstandsmitglied der v. Bodelschwingschen Stiftungen Bethel.